Über Beobachtungen zu angstvoller Führung, Mythen über Führungskräfte und die tatsächlichen Aufgaben von angstfreier Führungsarbeit in Organisationen.
“Puh, noch ein Blogartikel zum Thema Führung… ernsthaft?” kannst du jetzt denken oder “Gibt es nicht schon genug Literatur zu dem Thema?”. Das sehe ich exakt genauso! Allerdings scheint der Blick auf “Führung” nach wie vor so unterschiedlich, gefährlich und verwirrend zu sein, so dass ich auch einen Vorstoß wage, ein Stückchen für Aufklärung zu sorgen. Ich will versuchen einige Dinge zu unterscheiden und zu erklären, in dem ich meine Sicht aus der Praxis als Führungskraft, als Berater von Führungskräften, als Theoretiker aus verschiedenen Blickwinkeln und als Beobachter von alltäglicher Führung in der Praxis in vielen Organisationen beschreibe.
Zum Start muss ich etliche Jahre zurückspulen in die Zeit, als ich selbst Führungskraft im Konzern war. Nach der Rolle als Teamleiter wurde ich recht schnell Abteilungsleiter – und später noch Bereichsleiter mit fünf Abteilungen. In einem tayloristisch geprägten Unternehmen (“Oben wird gedacht, unten wird gemacht”) spürte ich unterschiedliche Erwartungen an meine jeweilige Rolle. Was als Erwartungen an mich in allen Führungspositionen vergleichbar war: Die “über mir” erwarteten, dass ich mich fachlich gut auskenne und denen “unter mir” vorgebe, wie die Arbeit zu verrichten ist, damit maximal effizient gearbeitet wird. Kostendruck und Deadlines waren die Themen. Gleichzeitig forderten die “unter mir”, dass ich mich aus dem operativen raushalte, bei Bedarf Probleme löse, Mentor und Coach bin und den Bereich nach außen abschirme.
Damals kamen mir erste Zweifel, ob ich dieser Rolle wirklich gewachsen bin. Oder sein will. Gleichzeitig hatte ich Zugang zu neuen Arbeitsformen – so agil-Kram – und war recht schnell überzeugt. Nach einigen kläglichen Versuchen, Zusammenarbeit anders zu gestalten, war ich mir sicher: So geht weder “Arbeit” noch “Führung”, und ich bin recht hart und spontan aus dem Konzern ausgestiegen.
Und nun bin ich seit Jahren Kurswechsler. Und was beobachte ich den Organisationen, mit denen ich arbeite?
Meine Beobachtungen beinhalten zum einen ein sehr verbreitetes Führungskräfte-Bashing: Wenn etwas nicht läuft, dann sind oft die Führungskräfte Schuld, die die Prozesse und die Leute nicht im Griff haben. Zum anderen kann ich eine große Überlastung und Überforderung von Führungskräften erkennen. Beispielhaft zu nennen sind hier die Erwartungen an die Führungskräfte, immer zum „operativen Feuerlöschen“ verfügbar zu sein oder auch die passenden Antworten auf die Emotionen von Mitarbeitern zu haben. Emotionen können auch hier Überlastungen mit Aufgaben oder auch der Umgang mit Konflikten sein. Des Weiteren wird in der Ausbildung sehr viel Zeit in Fachkompetenz investiert. Über Jahre wird uns praktisch und theoretisch – ob im Lehrberuf oder der Uni – viel Fachwissen vermittelt. Um als Führungskraft zu arbeiten, wird oft – wenn überhaupt – ein nur wenige Tage umfassendes Seminar besucht. In diesen Seminaren geht es oft um das Verhalten von Führungskräften, z.B. werden Führungsstile vermittelt. Was ich aber nur sehr selten beobachte, ist das Auseinandersetzen mit der eigentlichen Aufgabe von Führung. Zu meiner ganz konkreten Sicht auf die Aufgaben von Führung komme ich gleich. Vorher muss ich noch einige weitere Beobachtungen und Unterscheidungen erläutern.
Im Wesentlichen unterscheide ich mal zwei Typen von Führungskräften:
Die einen – ich nenne sie mal “Stefan Stark” sind unerschütterlich davon überzeugt, wertvoller zu sein als die “Untergebenen”. Stefan weiß auch alles besser, mischt sich überall ein, trifft grundsätzlich die Entscheidungen, duldet keine Widerworte und ist mit einem sehr tiefgreifenden Menschbild nach Theorie X ausgestattet. Wenn du Theorie X nach Douglas McGregor nicht kennst, dann hör mal in unseren Podcast rein:
https://kurswechsel.jetzt/2021/05/19/120-agiles-mindset-voraussetzung-oder-ergebnis-einer-transformation/
Den zweiten Typen Führungskraft, den ich beobachte, nenne ich mal “Ulli Unsicher”. Ulli fühlt sich von diesen multiplen Erwartungen an seine Rolle erdrückt, ihm sind auch die Menschen irgendwie wichtig. Ulli weiß allerdings nicht, wie er diesen umfangreichen Erwartungen auch nur ansatzweise gerecht werden kann. Ich war Ulli. Aber ist Ulli ob seiner Unsicherheit jetzt eine schlechte Führungskraft? Hier zeigt sich schon ein wenig Führophobie – also die Angst von den extrem hohen Erwartungen an die Rolle einer Führungskraft.
In Seminaren lernen Führungskräft häufig, dass sich die Erwartungen an Führung verändert haben: Neben der Fachkompetenz sollen Führungskräfte jetzt noch Mentor, Stratege, Innovationsführer, Coach, Moderator, Mediator etc. sein.
Konzepte wie “Die 7 Führungsstile des Bla bla bla” oder “Folgende Eigenschaften machen eine Führungskraft erfolgreich” verstärken das noch… ok ok, ich fange schon an zu poltern, da muss ich mich zügeln…
Um erstmal auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, lade ich dich ein, dir folgendes Unternehmen vorzustellen: Alles funktioniert perfekt. Die formale Struktur, die Regeln, die Methoden, die Kommunikationswege, die stabilen Prozesse sorgen für eine überragende Wertschöpfung. Wertschöpfung meint hier das Lösen von Kundenproblemen, die in diesem Konstrukt immer gleich sind. Keine Überraschungen. Keine Dynamik. Keine Pandemie oder Lieferengpässe etc.
Ohne Beraterschnack bedeutet das sowas wie: Ich habe keinerlei Rückfragen zu meiner Arbeit. Ich bekomme von meinen internen Lieferanten eine immer identische Qualität. Ich habe maximale Klarheit in der Bearbeitung meiner Aufgaben. Die Erledigung meiner Aufgaben ist immer gleich.
Klingt super, oder?
Was bedeutet in diesem fiktiven Unternehmen dann “Führung”? Was machen “Führungskräfte”? Genau: NICHTS!
An dieser Stelle möchte ich Judith Muster und Kai Matthiesen in “Die Humanisierung der Organisation” (2022) zitieren: “Führung muss die Defizite der Formalstruktur kompensieren”. Formalstruktur meint hier nicht nur dass Organigramm, sondern aus der Perspektive der Soziologen gehören hier die eben zitierten Prozesse, Praktiken, Kommunikationswege – also Hierarchien, Arbeitsstrukturen und natürlich die personellen Besetzungen der anstehenden Aufgaben dazu.
In meinem Beispiel läuft ja alles super, also ist Führung nicht notwendig.
In meinem Gedankenexperiment mit dem fiktiven Unternehmen bringe ich jetzt mal Dynamik ins Spiel: Marktbedingungen ändern sich, Konkurrenten tauchen mit verrückten Ideen und Produkten/Services auf, Kundenbedürfnisse und -wünsche ändern sich regelmäßig, Technologien entwickeln sich sprunghaft weiter, Lieferungen von Bauteilen für meine Produktion verzögern sich, talentierte Mitarbeiter verlassen das Unternehmen – Ersatz ist nicht in Sicht. Zugegeben, diese Bedingungen sind nicht realistisch, oder? *grins*.
Auch hier die Frage: Was bedeutet in diesem Umfeld “Führung”? Oder was konkret machen “Führungskräfte”?
In meiner Beobachtung werden Führungskräfte in einem derartigen Unternehmen sehr hektisch: Viele Meetings stehen an. Projekte und Aufträge werden durch Arbeit bis spät abends gerettet. Abstimmungen zwischen den Führungskräften sind notwendig, um neue Prozessvereinbarungen zu besprechen und Abweichungen zu vereinbaren. Die Mitarbeiter werden über die Veränderungen informiert. Einzel Jour Fixe Termine und Teammeetings sorgen für Sicherheit in der operativen Umsetzung.
Ok, dann haben wir es jetzt: Führung heißt Meetings, Projekte, Aufträge, Jour Fixe.
Stefan Stark würde jetzt sagen: “Logisch!”. Ulli Unsicher würde evtl. anmerken, dass er sich nicht wirksam fühlt und seine Leute einen nicht so motivierten Eindruck machen.
Zwischen den Zeilen war dir sicherlich schon ein wenig Ironie aufgefallen. Das war Absicht!
Dieses beschriebene Verhalten hat aus meiner Sicht mit Führung rein gar nichts zu tun!
Führungskräfte mit einem derartigen Habitus nenne ich “Steuerungskräfte”. Stefan Stark ist das egal, er regiert in seinem Unternehmen, Bereich oder Abteilung auf genau diese Art und Weise und fühlt sich gut dabei. Ulli Unsicher würde vielleicht fragen, was denn genau dann Führung ist, wenn das beschriebene Verhalten als “Steuerung” definiert wird.
Steuerung ist in meinem Verständnis das Verteilen von Aufgaben, das Genehmigen von Aktivitäten, das Kontrollieren der Erledigung, das Überwachen mit Kennzahlen, das langfristige Planen der Aktivitäten des Unternehmens. Es gibt sicherlich auch heute noch Unternehmen, die rein durch Steuerung erfolgreich sind. Und das trotz gestiegener Dynamik.
Ok, wenn wir jetzt geklärt haben, was Steuerung bedeutet, dann ist immer noch offen, was denn nun Führung ist.
An dieser Stelle würde ich gerne das Missverständnis einiger Begrifflichkeiten auflösen: Ich würde diesen klassischen Blick von Führung = Führungskraft gerne ablösen. Führungskraft ist für mich eine Position. Deshalb würde ich gerne für den Moment Führung durch Führungsarbeit ersetzen, unabhängig davon, wer das erledigt.
Kommen wir zum Kern: Was genau ist Führungsarbeit?
In den letzten Jahren haben mich verschiedene wissenschaftliche Blickrichtungen beeinflusst. Beispielsweise die Arbeitspsychologie hat mich gelehrt, was Menschen brauchen, um sich selbst zu motivieren. Mir ist diese Formulierung sehr wichtig (“sich selbst”), da sich Menschen nur selbst motivieren können. Der Irrglaube, dass Führungskräfte ihre “Untergebenen” motivieren müssten, ist echt Bullshit! Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse muss Führungsarbeit genau das leisten: Mach, dass die Leute sich selbst motivieren können. Die Schlagworte, die in diesem Zusammenhang von den Psychologen häufig genannt werden, sind:
Autonomie (Verantwortung übernehmen dürfen)
Zugehörigkeit (Als soziales Wesen möchte ich mit anderen gemeinsam agieren und zum großen Ganzen beitragen)
Kompetenz (Menschen möchten sich kompetent fühlen und sich weiterentwickeln)
Sinnerleben (Was ich tue, soll wirksam sein und insgesamt einen Sinn ergeben)
Führungsarbeit heißt deshalb: Schaffe die Rahmenbedingungen, um das möglich zu machen!
Die Umkehrung sieht dann beispielhaft so aus:
- Kontrolliert du, schränkst du die Autonomie ein.
- Isolierst du, schränkst du die Zugehörigkeit ein.
- Verhinderst du Weiterentwicklung, behinderst du Kompetenz.
- Ist der Zweck nicht klar, wird Motivation verhindert.
Und nur um das abschließend zu klären: Die Sachbearbeitung, Projektarbeit oder andere operative Arbeit hat definitiv rein gar nichts mit Führung zu tun.
Apropos Zweck: Eine weitere zentrale Aufgabe der Führungsarbeit ist das Schaffen einer Ausrichtung. Zitate wie “Wer eine Vision hat, der muss zum Arzt gehen” o.ä. sind sehr verbreitet. Sowas sagen natürlich die Leute, die vermeintlich alles im Griff haben: Planung, Steuerung, Prozesse, Kontrolle, Regeln. Wer die Illusion hat, diese Dinge reichen heutzutage, um erfolgreich zu sein, der sollte sich wirklich mal intensiv mit ergänzenden Blickrichtungen auf Unternehmensführung beschäftigen. Zumindest in dynamischen Zeit. Also aktuell nahezu jeder. Wenn Planung und Steuerung als Sicherheit gebende Instrumente nicht mehr wirksam zur Verfügung stehen, bzw. die Illusion entlarvt ist, dann braucht es eine Ausrichtung für die Akteure in der Organisation, damit eine Richtung, eine Orientierung möglich ist. Vision, Mission, Strategie, Taktik sind Werkzeuge, um diese Ausrichtung zu schaffen.
Natürlich muss neben der Ausrichtung und der Rahmenbedingungen für intrinsische Motivation auch ein betriebswirtschaftlich relevantes Ergebnis erzielt werden. Führungsarbeit heißt deshalb natürlich auch, die Arbeitsbedingungen zu gestalten, damit die eigentliche Wertschöpfung, die Zusammenarbeit zum Lösen der Kundenprobleme passieren kann. Zusammenarbeit ist ein sehr zentraler Aspekt in der Wertschöpfung von Organisationen – noch viel mehr, wenn wir weiterhin dynamische und überraschungsreiche Verhältnisse unterstellen. Reinhard Sprenger beschreibt das in “Radikal führen” (2015) ungefähr so: “Es muss gelingen, eine Organisation als Solidargemeinschaft mit Blick auf eine gemeinsam zu gestaltende Zukunft zu konstruieren. Wichtige Aufgabe von Führung ist es, die Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit zu gestalten, um ein gemeinsames Problem zu lösen. Zusammenarbeit ist der Fokus, statt prozesshaftes Zusammensetzen von Einzelleistungen”.
Führungsarbeit heißt also nicht, selbst die Kundenprobleme zu lösen oder die Aufträge zu bearbeiten, sondern die Arbeitsbedingungen für optimales und störungsfreies Arbeiten bereitzustellen.
Bislang hatte ich die betriebswirtschaftliche und die (arbeits-)psychologische Sicht auf Führung beschrieben. Nun fehlt noch eine weitere, die oben durch das Zitat von Judith Muster schon eingeläutet wurde: Die Soziologie. Die dritte wesentliche Aufgabe der Führungsarbeit ist das Sicherstellen von Entscheidungen. Niklas Luhmann als Begründer der neueren Systemtheorie hat Organisationen als einen Fluss von Entscheidungen beschrieben. Um also die Lebensfähigkeit von Organisationen sicherzustellen, muss Führungsarbeit sicherstellen, dass dieser Fluss nicht zum Stillstand kommt.
Nochmal konkret: Führungsarbeit stellt sicher, dass Entscheidungen getroffen werden. Das heißt nicht, dass diejenigen, die Führungsarbeit leisten – also z.B Führungskräfte – die Entscheidungen selbst treffen müssen. In dynamischen Zeiten geht es oft um das schnelle Reagieren auf Veränderungen. Wenn die Menschen immer auf Führungskräfte warten müssen, dann beobachten wir das Gegenteil von Schnelligkeit!
So, meine Sicht auf Führungsarbeit ist jetzt raus:
- Ausrichtung schaffen
- Rahmenbedingungen gestalten (für Wertschöpfung, Zusammenarbeit, intrinsische Motivation, …)
- Entscheidungen sicherstellen
Und jetzt schwenken wir wieder zum Anfang: Können einzelne Menschen als “Führungskräfte” diese ganzen Erwartungen erfüllen? Ähhh, nö! Außer Stefan Stark in seiner Selbstwahrnehmung 😉
Was nun? Wenn Führungsarbeit nicht an dieser einen Führungskraft kleben muss oder kann, dann muss es doch irgendwie anders möglich sein, oder?
Wichtig ist mir an dieser Stelle für jedwede Empfehlung der Kontext: Es gibt niemals dieses eine Konzept der Führungsarbeit – auch niemals das eine beste Führungsverhalten, perfekte Führungsstile, Führungsgrollen etc. in einer Organisation. Das macht es leider für die TOP Manager noch schwieriger, da Einheitlichkeit in Struktur, Prozessen und Führung so viel vermeintliche Sicherheit und Stabilität suggerieren. Pustekuchen, jeder Kontext muss leider separat betrachtet und gestaltet werden.
Die Konzepte zur Gestaltung der Führungsarbeit sind – wenn ich mich erstmal von dem Gedanken an diesen einen Heilsbringer oder Helden gelöst habe – sehr umfangreich. Konzepte mit verschiedenen Führungsrollen (Shared Leadership) oder die völlige Auflösung derartiger Rollen als Freisetzung der natürlichen Selbstorganisation sind da inzwischen nicht selten zu beobachten. Schaffen es Organisationen, sich von dem hierarchischen und stellenartigen Denken zu lösen, findet Führung – jetzt nenne ich das wieder so – tatsächlich auf verschiedenen Ebenen statt:
- Führung als Kompetenzvermutung: Wenn jemand Ahnung hat, dann folge ich.
- Führung durch Einfluss: Ich folge auch informell, wenn ich das Gefühl habe, dadurch meine Ziele zu erreichen.
- Führung durch Macht: Wenn oben befiehlt, dann folge ich.
Jetzt habe ich eben das “Folgen” erwähnt. Ein weiterer Aspekt, der aus meiner Perspektive sehr oft ignoriert wird. Bei allem Führen, der Führungskräfte, der Führungsarbeit, der Führungsrollen etc. – wenn niemand folgt, dann handelt es sich auch nicht um Führung! Also erst wenn Führungsarbeit in Form von einer geschaffenen Ausrichtung oder der gestalteten Rahmenbedingung erledigt wird UND sich dann Menschen an der Ausrichtung orientieren – also folgen – oder wenn die Menschen in den Rahmenbedingungen arbeiten oder Entscheidungen treffen, dann handelt es sich wirklich um Führung.
Also wie lässt sich Führungsarbeit in Organisationen konkret gestalten?
Ist es denkbar, dass eine Führungskraft aufgrund ihrer inhaltlichen Kompetenz häufig in Projekten mitarbeitet? Klar, warum nicht? Sie sollte dann über weitere Rollen z.B. im Team sicherstellen, dass an den Rahmenbedingungen gearbeitet wird und die Ausrichtung zum Lösen von relevanten Marktproblemen nicht zu kurz kommt.
Ist es auch denkbar, dass eine Arbeitsumgebung geschaffen wird, die ohne Führungskräfte auskommt und die notwendige Führungsarbeit auf verschiedene Rollen verteilt wird? Logisch, das wird in diversen Unternehmen genau so praktiziert.
Diese Beispiele sollen zeigen, dass es oftmals um ein Bewusstsein für die Möglichkeiten geht. Organisationen sind herzlich eingeladen, sich mit diesen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, um verschiedene Varianten in Abhängigkeit der Art der Tätigkeiten, der Komplexität, der Marktbedingungen und weiterer Faktoren auszuprobieren, um ihre Wirksamkeit in den jeweiligen Kontexten zu Beobachten.
Zusammenfassend empfinde ich Führung oder Führungsarbeit als einen ganz natürlichen sozialen Mechanismus zwischen Menschen. In sehr mechanistischen Organisationen wird diese Natürlichkeit durch Hierarchien, Prozesse und Regeln bewusst oder unbewusst eingeschränkt oder sogar zerstört. In zu stark dezentralen oder holakratischen Organisationen wird durch Überdemokratisierung das Treffen von Entscheidungen behindert, verlangsamt oder die Verschwendung in Routineabläufen provoziert. Wie so oft kommt es in der Praxis auf das gesunde Verhältnis und den Kontext an. Führung hat die Aufgabe, dieses Verhältnis in eine angemessene Waage zu bringen und die Energie des Unternehmens zum Fließen zu bringen.
Führung ist alles andere als einfach. Muss man deshalb Angst davor haben. Auf keinen Fall! Also nicht Führophobie (das war natürlich ein Kunstwort), sondern gemeinschaftliches Gestalten von Arbeitsbedingungen für wertschöpfende und sinnstiftende echte Arbeit mit weniger sinnloser Beschäftigung.